Die Piaristenkirche in Krems ist der perfekte Ort, will man dem Kremser Schmidt näherkommen. Die Vielzahl der Werke in dieser Kirche und die zeitliche Spanne - immerhin 4 Jahrzehnte - geben Einblick in das Leben des Künstlers, in seine Arbeit und in seine Kunst.
Grundsolide Lebenseinstellung, erfolgreicher und respektabler Geschäftsmann, brillanter Künstler - und dennoch alles andere als abgehoben. Er war Arbeitgeber zahlreicher Maler und Nebengewerke und führte eine große, gut gehende Werkstatt; ein Unternehmer mit Handschlagqualität, ein leidenschaftlicher Künstler und darüber hinaus ein liebevoller Vater und treuer Ehemann!
Drei Grundpfeiler im Leben des Kremser Schmidt:
Familie, Kunst, Glaube
Seine Rolle in diesem Umfeld füllte er perfekt aus: unglaublich liebevoller Vater, genialer Künstler und überzeugter Katholik.
Was er tat, tat er mit Hingabe und voller Überzeugung.
So diametral wie der Standort der Werke, so gegensätzlich auch die Auftraggeber. Martin Johann Schmidt bediente sie alle.
Jesuiten
Dem Papst und dem Adel verpflichtet, Soldaten Christi, der Orden der Oberschicht.
„Cuius regio, eius religio“- in diesem Sinne sollte der Adel katholisch gemacht werden. Was liegt da näher, als die nächste Generation zur Katholischen Kirche zurückzuholen. Die Jesuiten waren der perfekte Schulorden: straff organisiert, effizient und klug, strategisch durchdacht in ihrem Konzept. Die Kunst war ihr Instrumentarium. Das „Jesuiten-Barock“ umarmte auch Maler wie den Kremser Schmidt.
Gleich beim Betreten der Kirche ist jedem Besucher klar, wer der Hausherr ist, denn sein erster Blick fällt unweigerlich auf die Kapelle des Hl. Franz Xaver genau gegenüber vom Haupteingang.
Fresco oberhalb der Kapelle des Hl. Franz Xaver, einem Weggefährten des Hl. Ignatius von Loyola und Mitbegründer des Jesuiten-Ordens. Eine Palme am Sterbebett als Hinweis darauf, dass Franz Xaver in Asien als Missionar tätig war und dort verstorben ist.
Piaristen
„Ordo scholarum piarum“ – Orden der frommen Schulen, ein Schulorden, genau wie die Jesuiten, aber ihre Zielgruppe waren in erster Linie die unterprivilegierten Schichten, die verwahrlosten Kinder. Deshalb begann der Hl. Joseph Calasanz seine Arbeit im Armenviertel von Rom.
Martin Johann Schmidt war das missing link zwischen zwei Orden, die gegensätzlicher nicht sein könnten.
Rechter Seitenaltar: Der Hl. Joseph Calasanz, Gründer des Piaristenordens, bittet die Gottesmutter um die Errettung des Kinds. Ein unglaublich berührendes Bild, umso mehr, wenn man im Hinterkopf hat, dass der Maler selbst vier seiner Kinder verloren hat!
Martin Johann Schmidt konnte mit Bischöfen und Äbten gut umgehen, hatte einen guten Draht zu adeligen Geldgebern und wurde gleichzeitig von Tagelöhnern, Mägden und Knechten geschätzt.
Seine Emotionalität berührte sie alle.
Er trug diesen Gegensatz auch in sich: einerseits nüchtern kalkulierender Geschäftsmann, gleichzeitig hochgradig emotionaler Maler.
Ob er seinem Ruf „Rembrandt von Österreich“ gerecht wird, können Sie selbst beurteilen.
Im Rahmen einer erweiterten Stadtführung können wir uns seine Werke in der Piaristenkirche gerne aus der Nähe anschauen!
Vielen Dank an Christine Emberger für inhaltliche Inputs und an Jürgen Übl für tolle Fotos!
Feedback, Kommentare, Ergänzungen jeder Art bitte gerne an office@kremskultur.at
Weiterführende Literatur: