„Das kostet kein Eckhaus!“ Roseggerstr. 2 / Schillerstr. 1:
Ein Eckhaus und was es kosten könnte – diese Überlegungen stellte vermutlich Josef Krug an, als er mit seinem frisch gebackenen Vermögen dastand. Nun aber alles der Reihe nach:
Die Stadt Krems ist im Umbruch. Die Stadterweiterung in aller Munde. Soweit das Auge reicht, wird abgerissen, zugeschüttet, geplant und gebaut, denn durch den Abriss der Stadtmauern nach 1858 und die Trockenlegung des Seitenarms der Donau entstehen großzügige neue Flächen, die genützt werden wollen.
Vater und Sohn Utz erstellen ebenso großzügig städtebauliche Konzepte, der Kremser Verschönerungsverein – inspiriert durch die Parkanlagen entlang der Wiener Ringstraße - hat die nachhaltige Idee, hier einen Stadtpark zu schaffen. Josef Utz jun. tritt in die Fußstapfen von Theophil Hansen, einem der ganz Großen in der Wiener Architektenwelt und so zeigt auch Utz jun. einen Hang zu großen Formaten.
Just in diesem Moment findet wieder einmal die Lotterie des Österreichischen Roten Kreuzes statt.
Vermutlich aus der Aussichtslosigkeit heraus, mit Briochekipferln und Topfengolatschen Millionär zu werden, beschließt der Kremser Zuckerbäcker Josef Krug, ein Los zu kaufen, auch wenn die Zahlung auf Raten erfolgen muss, mangels entsprechender Barschaft. Sein kleines Geschäft befindet sich im Schnabelhaus (Obere Landstraße 36) beim Steiner Tor. Seine Gattin hält nicht viel von „Glaub ans Glück“, aber offensichtlich tritt Frau Krug weniger resolut auf als Frau Handl [legendäre Ehefrau von Simon Handl, Simandl … - aber das ist eine andere Geschichte] und Josef Krug - müde des zeitigen Aufstehens - ersteht das begehrte Lotterielos.
„Wer wagt, gewinnt!“ und unser Freund Josef Krug gewinnt tatsächlich den Hauptpreis in Höhe von 300.000 Gulden. Nach Abzug aller Nebenkosten und Steuern bekommt der Zuckerbäcker immerhin noch 240.000 Gulden ausbezahlt, wahrlich ein Batzen Geld! Grob angenähert dürften das in etwa 4,9 Mio. Euro gewesen sein!Ob es rund um die Anlage des Geldes auch noch Diskussionen unter den Eheleuten gab, darüber weiß die Stadtchronik nichts zu berichten! Tatsache ist, dass dem Zuckerbäcker dieses Vermögen im genau richtigen Moment in den Schoß fällt. Die städtebaulichen Konzepte der beiden Utz-Baumeister und ein finanzkräftiger Investor passen perfekt zusammen. Zuckerbäcker Krug springt auf den Bauboom auf und beauftragt ein Wohnpalais in prominenter Lage:
Ecke Roseggerstraße 2 / Schillerstraße 1. Beide Straßennamen tauchen erst später auf; die Roseggerstraße hieß in diesen Tagen noch „Parkstraße“ – passend, wenn auch nicht sonderlich originell!
Josef Utz jun. zeichnet für die Planung und Umsetzung des Gebäudekomplexes verantwortlich und im Jahr 1888 ist der Bau fertig. Einer lukrativen Nutzung steht nichts mehr im Wege.
Ob Josef Krug sein Gewerbe weitergeführt hat und die Kremser mit Süßzeug aller Art belieferte, konnte nicht herausgefunden werden. Die Verwaltung der Mieteinnahmen war bestimmt weniger schweißtreibend!
Auf alle Fälle befand sich Josef Krug in guter Gesellschaft: Unter den Hausbesitzern rund um den Stadtpark finden sich wahrlich Leute mit Rang und Namen:
Die Geschichte eines weiteren Besitzers ist nicht minder ungewöhnlich.
Dr. Herbert Pichler („Mondpichler“), 1921 in Mies im schönen Salzkammergut zur Welt gekommen, ist nicht nur HNO-Arzt mit Leib und Seele, sondern auch leidenschaftlich unterwegs in Sachen Schwerelosigkeit und Raumfahrt.
Die Kombination daraus liegt auf der Hand: Raumfahrts-Medizin. Anfang der sechziger Jahre erhielt er eine Einladung, das Hauptquartier der obersten amerikanischen Weltraumbehörde, der NASA, zu besuchen. Ab 1963 kam es dann zur Zusammenarbeit mit der Gruppe um Wernher von Braun in Huntsville (Alabama, USA). Bei der NASA werden heute noch seine Fähigkeiten genauso geschätzt wie in den russischen Raumfahrtzentren.
Als Raumfahrts-Mediziner begleitet er nicht nur die Vorbereitung der Mondlandung, sondern kommentiert diese als ORF-Moderator 28,5 Stunden lang (Rekord bis heute!) vom 20. zum 21. Juli 1969! Bald darauf erscheint sein Buch „Die Mondlandung“. Vielleicht war das die finanzielle Basis zum Kauf des Stadtpalais! In diesem Fall war es nicht ein Glücksfall wie bei Hr. Krug, sondern vielmehr jahrelange harte Arbeit, auch wenn die Finanzierung mindestens genauso ungewöhnlich war!
Vielen Dank an Frau Pichler für das nette Gespräch und die Zustimmung zu den Innen-Fotos im Stiegenhaus!
Daten zur Biographie und den herausragenden Leistungen von Dr. Pichler kann man leicht unter www.mondpichler.at und in Wikipedia nachlesen!
Ergänzungen, Feedback, Zusatzinformationen und Hinweise für etwaige Korrekturen - alles willkommen!
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